Wie ist das erste internationale Bündnis entstanden?
Schon früher gab es Verteidigungsbündnisse. Doch mit der NATO wurde erstmals ein internationales Bündnis geschlossen. Wie kam es zu ihrer Entstehung und wie war ihre weitere Geschichte?
- Nato-Bündnis: Was hat es damit auf sich?
- Rückblick: Frühere Verteidigungsbündnisse
- Die Gründung der Nato
- Reaktion des Ostblocks: Die Entstehung des Warschauer Pakts
- Zerfall der UdSSR und des Warschauer Pakts
Alleine bist du einer Übermacht oft hilflos ausgeliefert. Diese Erkenntnis ist nicht überraschend. Schon früher haben sich Stämme, Städte oder andere Gruppierungen zusammengeschlossen, um nicht Opfer eines stärkeren Gegners zu werden. Nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich durch die atomare Bewaffnung, die Teilung in Ost und West durch die beiden Supermächte USA und der UdSSR die Lage dahingehend, dass staatenübergreifende Bündnisse nötig zu werden schienen. So kam es zur Gründung der Nato und des Warschauer Paktes.
Vorgeschichte zu früheren Bündnissen vor der Nato
Schon im alten Rom wusste man, dass Bündnisse notwendig waren, um Erfolg zu haben. Als die Römer Germanien überfielen, schlossen sie immer wieder Bündnisse mit den einzelnen Stämmen, um sich somit an anderer Stelle dem Feind widmen zu können. Da die Germanen in der Hauptsache aus einzelnen, oft untereinander verfeindeten Gruppierungen bestanden, war es für die Römer ein Leichtes, das Land zu erobern. Das erkannte Arminius, dem es gelang, zerstrittene Stämme zu vereinen und der so verhinderte, dass die Römer rechts des Rheins ihren Einflussbereich ausdehnen konnten. Im Mittelalter folgten die Städtebünde. Neben vielen anderen Angelegenheiten war hier geregelt, dass man sich gegenseitige Schutzversprechen gab und auch militärische Hilfe leisten musste. Mit dem Ende des Mittelalters endete auch die Zeit dieser Bünde. Im Zuge der Reichsreformen gegen Ende des 15. Jahrhunderts konnten die Städte ihre gemeinsamen Interessen nicht durchsetzen. Die zunehmende Territorialisierung schränkte den städtischen Handlungsspielraum immer mehr ein, dafür wurde die Macht der Landesherren größer. Später entstanden so die Bündnisse zwischen einzelnen Ländern, die im Grunde eine Fortführung der ehemaligen Städtebündnisse im größeren Maßstab waren. Die größte Gefahr eines solchen Bündnisses war, dass man möglicherweise in einen Konflikt hineingezogen wurde, der einen selbst nicht oder nicht direkt betraf. Dies konnte gravierende Folgen haben, wie sich im Ersten Weltkrieg zeigte. So war 1907 in St. Petersburg die „Entente“, ein Zusammenschluss aus Frankreich, Großbritannien und Russland, gegründet worden. Auf der anderen Seite standen die „Mittelmächte“, in der Hauptsache bestehend aus dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn sowie Italien. Durch die Bündnisversprechen wurden nach dem Attentat in Sarajewo alle Staaten in den Konflikt gezogen, der Millionen Menschen das Leben kostete. Die USA waren kein Bündnismitglied, auch wenn sie auf Seiten der Entente in den Krieg zogen.
Nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich die Landkarte drastisch verändert. Einige Staaten existierten nicht mehr in der Form wie vor dem Krieg. Die USA waren endgültig auf dem Weg zur Supermacht, in Russland übernahmen die Kommunisten das Ruder, das Deutsche Reich war geschlagen und handlungsunfähig. Mit der Übernahme der Macht durch die Nazis in Deutschland änderte sich die Situation erneut. Bereits 1921 wurde ein Bündnis zwischen Polen und Frankreich geschlossen, in welchem vereinbart wurde, dass man sich im Falle eines Angriffs gegenseitig unterstützen würde. Als jedoch die Wehrmacht 1936 das Rheinland besetzte, fühlte Frankreich sich auch mithilfe Polens zu schwach, um dem entgegenzuwirken. Erst als 1939 Hitler die Rest-Tschechei zum Protektorat machte, wurde auch Großbritannien mit in dieses Bündnis einbezogen. Als im September 1939 der Überfall auf Polen begann, erklärten Frankreich und Großbritannien dem Deutschen Reich den Krieg. In dessen Verlauf verbündeten sich die Alliierten: USA, Frankreich, Großbritannien und die UdSSR. Doch auch Hitler hatte seine Bündnisse geschmiedet. Mit Italien und später Japan wurden die Achsenmächte gebildet. Hatte er vor dem Polenfeldzug noch einen Nichtangriffspakt mit der UdSSR ausgehandelt, so brach er diesen mit dem Überfall 1941, in dessen Folge die UdSSR sich den Alliierten anschloss.
Als der Zweite Weltkrieg beendet war, sahen die Machtverhältnisse und die Landkarte erneut anders aus. Die USA waren endgültig zur Supermacht aufgestiegen und verfügten als einziges Land über die Möglichkeit, Kernwaffen herzustellen und zu benutzen. Die UdSSR hatte ihr Einflussgebiet weit nach Westen ausgedehnt und war durch die Übernahme der Macht in der DDR, Polen, der Tschechoslowakei und Ungarn im Herzen Europas angekommen. Das Bündnis mit den westlichen Alliierten war zerbrochen, der Kalte Krieg hatte begonnen, der eiserne Vorhang trennte Ost und West. Mit der Zündung der ersten russischen Atombombe am 29. August 1949 verfügte auch die Sowjetunion über Atomwaffen, was den Westen mit Besorgnis erfüllte. Es war Zeit für neue Bündnisse.
Gründung der Nato: Diese Länder zählten am Anfang dazu
Schon bald nach dem Zweiten Weltkrieg spitzte sich die Situation zu. Das Misstrauen gegenüber der UdSSR wuchs, stand sie doch in Ostdeutschland direkt an der Grenze zu Europa. Ihr Einflussbereich hatte sich massiv ausgedehnt. Polen, die Tschechoslowakei, Ungarn, Albanien, Rumänien, Bulgarien und die DDR waren zu Satellitenstaaten der UdSSR geworden und wurden von Moskau auf sozialistischen Kurs gebracht. Der eiserne Vorhang senkte sich und auf westlicher Seite befürchtete man, dass die Sowjetunion sich noch weiter nach Westen ausdehnen würde. Gleichzeitig war immer noch das Misstrauen gegen Deutschland vorhanden, das gerade erst einen Krieg verloren hatte. Man wollte unter allen Umständen verhindern, dass Deutschland zu stark wurde und erneut einen Krieg begann.
Am 17. März beschlossen Frankreich, Belgien, Großbritannien, die Niederlande und Luxemburg auf sozialer, ökonomischer und kultureller Basis zusammenzuarbeiten. Dies geschah auf Basis des Brüsseler Vertrages, der dem Zweck diente, eine mögliche neue Aggression von deutscher Seite abzuwehren. Gleichzeitig unternahmen die USA den Versuch, einer weiteren sowjetischen Expansion vorzubeugen, indem sie die Schutzmachtkontrolle über die Türkei und Griechenland übernahmen. Schnell erkannte man die Bedrohung durch die unter dem Diktat der UdSSR stehenden Ostblockstaaten, unter anderem durch die Berlin-Blockade 1948 und den Februarumsturz in der Tschechoslowakei. Daraufhin wurde der Beschluss gefasst, dass sich die USA und die westeuropäischen Staaten zusammenschließen sollten, um Aggressionen von sowjetischer Seite abzuwehren. Ab dem 6. Juli 1948 wurden dazu intensive Verhandlungen geführt.
Am 4. April 1949 unterzeichneten die Gründungsmitglieder den Nordatlantikvertrag. Am 24. August 1949 trat der Vertrag in Kraft. Diese Mitglieder waren:
- USA
- Kanada
- Belgien
- Dänemark
- Frankreich
- Großbritannien
- Island
- Italien
- Luxemburg
- Niederlande
- Norwegen
- Portugal
Der Weg Westdeutschlands in die Nato
Wie sollte man mit dem Thema Westdeutschland umgehen? Sollte man Deutschland erlauben, sich wiederbewaffnend? Für die Franzosen, die zweimal in diesem Jahrhundert von den Deutschen überfallen worden waren, war dies undenkbar. Doch die Ereignisse auf der anderen Seite der Welt führten zum Umdenken. 1950 überfiel Nordkorea den südlichen Landesteil. Westliche Verteidigungsexperten kamen zu dem Schluss, dass Westeuropa, sollte der Kalte Krieg eskalieren, innerhalb weniger Wochen von der UdSSR überrannt werden würde. Strategisch gesehen war der Westen ohne Westdeutschland unterlegen, auch im Hinblick darauf, dass der mögliche Krieg vor allem auf westdeutschem Boden ausgetragen werden würde und die noch junge Nation faktisch wehrlos war. Für die USA war klar, dass es eines deutschen Verteidigungsringes bedurfte.
Ein Weg war, eine neue und eigenständige deutsche Armee zu gründen und diese in die Nato aufzunehmen, was die Franzosen grundsätzlich ablehnten. Auch in Westdeutschland selber fand die Idee zu diesem Zeitpunkt keinen Zuspruch in der Bevölkerung, zu frisch war die Erinnerung an den letzten Krieg. Washington und London übten auf die französische Regierung allerdings Druck aus. Die übrigen Westalliierten verlangten von Frankreich einen eigenen Vorschlag, wie das Sicherheitsproblem in Europa zu lösen wäre. Der damalige französische Verteidigungsminister schlug daraufhin vor, eine gemeinsame Armee der Westeuropäer unter Beteiligung von Frankreich, den Benelux-Staaten, Italien und auch Westdeutschland zu gründen; finanziert durch ein gemeinsames Budget und einem europäischen Verteidigungsminister unterstellt, der einem Direktorium der nationalen europäischen Verteidigungsminister und einer europäischen parlamentarischen Versammlung gegenüber verantwortlich war. Zusätzlich sollte ein integrierter Generalstab eingerichtet werden – unter französischer Leitung. Deutschland sollte allerdings maximal Bataillone als größte Einheit führen dürfen, auch wären keine Armeen Westdeutschlands außerhalb der eigenen Grenzen erlaubt gewesen. Adenauer erreichte in Verhandlungen dann noch Aufwertungen der deutschen Rolle in diesem Bündnis, jedoch wurde letztlich eine Umsetzung durch die Ablehnung der französischen Nationalversammlung 1954 verhindert.
Durch die Pariser Verträge, die noch im selben Jahr unterzeichnet wurden und die unter anderem die Besatzungszeit in Deutschland beendeten, wurde der Weg frei für den Eintritt Westdeutschlands in die Nato. Mit der Gründung der Westdeutschen Union und dem damit erklärten Verzicht auf atomare, biologische und chemische Waffen trat die Bundesrepublik am 5. Mai 1955, fast auf den Tag genau zehn Jahre nach der Kapitulation, der Nato bei. Am 7. Juni 1955 wurde Theodor Blank erster westdeutscher Verteidigungsminister. Paradox: Man hatte ein Amt geschaffen und hatte einen Minister, aber keine Soldaten. Erst am 12. November 1955 erhielten die ersten 101 Freiwilligen ihre Ernennungsurkunden zum freiwilligen Dienst in den Streitkräften.
Der Warschauer Pakt – Das Gegenstück zur Nato
Der Eintritt der Bundesrepublik Deutschlands in die Nato wurde von der UdSSR mit Missfallen aufgenommen. Die Bundesrepublik Deutschland hatte jetzt wieder starke Bündnispartner auf seiner Seite, welche im Falle einer sowjetischen Aggression Beistand geleistet hätten. Auch fühlte man sich in gewisser Weise auf sowjetischer Seite bedroht, da die Grenzen zwischen Ost und West durch internationale Truppen der Nato geschützt werden konnten. Hatte man es vorher nur mit einem entmilitarisierten Deutschland zu tun, so sah man jetzt auf sowjetischer Seite die Gefahr, dass internationale Truppen an der Grenze zu den sowjetischen Territorien aufmarschieren könnten. Die gleiche Argumentation verwendet Wladimir Putin auch heute wieder. Auf Initiative der UdSSR wurde daraufhin der Warschauer Pakt gegründet. Am 14. Mai 1955 wurde er von
- der UdSSR
- Polen
- der Tschechoslowakei
- Bulgarien
- Ungarn
- Rumänien
- Albanien und
- der DDR
unterzeichnet. Sie verpflichteten sich, in internationalen Beziehungen keine Gewalt anzuwenden, ihre Außenpolitik zu koordinieren und im Falle eines Überfalls von außen einander militärisch zu helfen. Moskau übte durch das Vereinte Oberkommando entscheidenden Einfluss aus. Den Oberbefehl hatte immer ein sowjetischer Marschall, der gleichzeitig auch der erste Stellvertreter des sowjetischen Verteidigungsministers war. Diesem Oberkommando unterstanden die sowjetischen Streitkräfte in Polen, Ungarn, der CSSR und der DDR. Zusätzlich unterstanden ihm auch die nationalen Streitkräfte der DDR, die gesamte Luftverteidigung in Osteuropa und die Flottenverbände in der Ostsee. Damit hatte die sowjetische Führung die Kontrolle über die Armeen der Mitgliedsländer und konnte nach Belieben eigene Truppen stationieren. In der DDR ging dieser Einfluss sogar noch weiter. Ausgesprochene Empfehlungen des Oberkommandos waren bindend für die SED-Führung und bestimmten den Aufbau der Nationalen Volksarmee und der Rüstungsindustrie. De facto wurde die DDR damit zum Aufmarschgebiet eines möglichen Krieges zwischen dem Warschauer Pakt und der Nato.
Das eigentliche Ziel des Warschauer Paktes war es allerdings, dem Westen eine Art Tauschgeschäft schmackhaft zu machen: Beide Bündnisse sollten nach dem Willen Moskaus aufgelöst und durch ein kollektives Sicherheitssystem ersetzt werden, ähnlich dem Völkerbund aus der Zeit zwischen den Weltkriegen. Das wurde von den westlichen Regierungen abgelehnt, zu groß war die gefühlte Bedrohung aus dem Osten und das Wissen um das Versagen des Völkerbundes. Nach 1961 wurde die Verteidigungsdoktrin des Warschauer Paktes deutlich aggressiver. Das Wettrüsten war im vollen Gange. Nach diversen Planungen sollte Westeuropa im Konfliktfall in wenigen Tagen überrannt werden, was in verschiedenen Militärmanövern geübt wurde. Während die Nato ein reines Sicherheitsbündnis war, diente der Warschauer Pakt dazu, die sozialistischen Bruderstaaten zu kontrollieren und die sowjetische Hegemonie in Osteuropa zu sichern. Deutlich wurde dies bereits ein Jahr nach der Gründung, als sowjetische Truppen in Ungarn1 einmarschierten, um die dortige Reformbewegung zu beenden oder 1968 in Prag, als mit Militärgewalt der Prager Frühling2 beendet wurde.
Der Zerfall der UdSSR und das Ende des Warschauer Paktes
Während es möglich ist, aus der Nato wieder auszutreten, war dies beim Warschauer Pakt nicht möglich. Es gab aber keinen dauerhaften Austritt aus der Nato, lediglich Frankreich, Griechenland und Spanien sind zeitweise aus der militärischen Kommandostruktur ausgetreten, haben diesen Schritt später wieder rückgängig gemacht. Solange die UdSSR groß und mächtig war, war an ein Verlassen des Warschauer Pakts für die sozialistischen Bruderstaaten nicht zu denken. Alleine die Stationierung der sowjetischen Truppen in den einzelnen Ostblockländern und das Wissen um die Ereignisse in Ungarn und Prag sorgten dafür, dass mögliche Gedanken an einen Austritt bereits im Keim erstickt wurden. Als 1981 Ronald Reagan amerikanischer Präsident wurde, begann sich alles zu ändern. Sein Versprechen: Amerika wieder zur alten Größe zu führen. Die Entspannungspolitik der vorigen Jahre war zum Stillstand gekommen. Die kubanischen Kampftruppen in Angola und Äthiopien, der Einmarsch vietnamesischer Kampftruppen in Kambodscha und die Unterstützung marxistischer Kampftruppen in Afghanistan wurden als Schachzüge Moskaus eingestuft, um strategisch wichtige Regionen für das kommunistische Lager zu gewinnen. Auch wurden durch sowjetische Aufrüstungsprogramme in Europa neue, zielgenauere Atomraketen stationiert, woraufhin es zum Nato-Doppelbeschluss kam: Während man Moskau Abrüstungsverhandlungen anbot, wurden gleichzeitig neue Marschflugkörper und Raketen in Westeuropa stationiert. Diese Phase bezeichnet man heute als den „Zweiten Kalten Krieg“.
Reagan veranlasste ein massives Aufrüstungsprogramm. 1981/82 wurde das Rüstungsbudget um 15 Prozent auf 233 Milliarden US-Dollar erhöht, das Fünfjahres-Programm im Zeitraum von 1982 bis 1986 sah Ausgaben in Höhe von 1,5 Billionen US-Dollar vor. Weiter unterstützten die USA anti-kommunistische Widerstandsbewegungen in den kommunistischen Satellitenstaaten der Dritten Welt, sowohl mit Geld als auch mit Waffen. Der UdSSR blieb, um gegenüber den USA nicht ins Hintertreffen zu geraten, nichts anders übrig, als auch die eigenen Rüstungsausgaben zu erhöhen. Das hatte zur Folge, dass sich die allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnisse verschlechterten. Die zentral gelenkte Wirtschaft drohte zusammenzubrechen. In Polen wurde die erste Gewerkschaft gegründet, die zwar wieder verboten wurde, aber im Untergrund weiter existierte. Auch andere Bruderstaaten forderten immer mehr Freiheit. 1985 wurde Michail Gorbatschow zum Generalsekretär der KPdsU gewählt. Er erkannte die Schwächen und Probleme des Systems und versuchte, es durch Reformen zu ändern. Ronald Reagan war inzwischen zum zweiten Mal gewählt worden und änderte seine Politik. Er wollte beweisen, dass er nicht nur ein „Kalter Krieger“, sondern auch ein Friedenstifter war. Bei gemeinsamen Gesprächen mit Gorbatschow näherte man sich in Rüstungsfragen an. Ende 1987 einigte man sich auf die doppelte Null-Lösung. Diese sah vor, im Kerngebiet Europas stationierte atomare Kurz- und Mittelstreckenwaffen mit einer Reichweite von 300 bis 3400 Meilen (ca. 5.472 km) zu eliminieren und auch keine weiteren mehr herzustellen. Gleichzeitig kündigte Gorbatschow einseitig eine Reduzierung der sowjetischen Streitkräfte an.
Doch auch mit den Reformen und den Abkommen war der Zerfall nicht mehr aufzuhalten. Die UdSSR war nicht mehr in der Lage, die Satellitenstaaten daran zu hindern, eigene Wege zu gehen. Der eiserne Vorhang bekam immer mehr Löcher, Massenflucht aus der DDR und die Öffnung der Grenzen waren die Folge. Im September 1990 trat die DDR kurz vor der Wiedervereinigung aus dem Warschauer Pakt aus. Gleichzeitig wurde damit auch die Abwicklung der Nationalen Volksarmee in die Wege geleitet. Am 31. März 1991 beschlossen die Regierungschefs der Warschauer-Pakt-Staaten die Auflösung des Bündnisses. Damit endete der Kalte Krieg und es schien, als ob die Welt aufatmen könnte. Doch mit Wladimir Putin gelangte ein Mann an die Macht in der ehemaligen UdSSR, der es sich anscheinend zum Ziel gesetzt hat, die Entwicklung der Jahre nach dem Kalten Krieg wieder rückgängig zu machen und die Nato wieder als Feind sieht.
- Die NATO nach dem Zerfall der UDSSR
- Die Osterweiterung
- Die UDSSR unter Putin
- Neue Kriegsgefahr in Europa
Als die Ostgrenzen sich öffneten und der Warschauer Pakt aufgelöst wurde, schien es, als ob der Kalte Krieg endgültig vorbei wäre und die Welt aufatmen könnte. Doch das Misstrauen gegenüber Moskau blieb. Immer mehr Länder der ehemaligen Sowjetunion drängten in die NATO. Wie bereits 1955 bei der Gründung der NATO sah Moskau sich bedroht, sogar noch stärker, da sich die Grenze der NATO-Staaten durch die mögliche Aufnahme der ehemaligen Sowjetrepubliken weiter in Richtung Osten verschob. Doch auch die NATO sah sich neuen Herausforderungen gegenüber, als im September 2001 die USA durch einen Terrorangriff schwer getroffen wurden.
Der Zerfall der UDSSR3 nach dem Ende des Warschauer Paktes.
Die UDSSR war im Zerfall. Immer mehr Republiken lösten sich und strebten nach Unabhängigkeit und Freiheit. Bereits 1988 proklamierte Estland seine Souveränität, ein Jahr später folgten Litauen und Lettland. Dies bedeutete zwar nicht die Unabhängigkeit, sondern lediglich den Vorrang der eigenen Gesetze gegenüber denen der unionsweiten Gesetzgebung. 1990 hatten alle Republiken mit Ausnahme von Armenien ihre Souveränität erklärt. Die drei baltischen Republiken – Litauen, Estland und Lettland – beschlossen im selben Jahr den Austritt aus der Union. Als dann Russland am 12. Juni 1990 die Souveränität erklärte, war dies quasi der Todesstoß für die Sowjetunion, denn alle Gremien der Union befanden sich in Moskau. Ohne Russland konnte die Union nicht existieren. Wie sollte es weitergehen? Darüber herrschte Uneinigkeit. Kritiker sahen durch die Unabhängigkeit Russlands die Möglichkeit, die inzwischen unpopuläre Führung Gorbatschows abzuschütteln. Dieser geriet zwischen die Fronten der immer offener auftretenden Opposition um Boris Jelzin, der die Reformen Gorbatschows nicht weit genug gingen und den Konservativen, denen sie zu weit gingen. Dazu kam noch, dass jede der Republiken sich bei der Verteilung von Ressourcen im Nachteil sah. Gorbatschow ließ im März 1991 ein Referendum über den Erhalt der UDSSR abhalten, was von den drei baltischen Republiken sowie Georgien, Armenien und Moldawien boykottiert wurde. In den restlichen Republiken sprachen sich mehr als 77 Prozent für den Erhalt der Sowjetunion aus. Doch damit war das Kräftemessen zwischen Russland und der Sowjetunion nicht beendet. Am 17. April 1991 wurde in Russland das Präsidentenamt eingeführt, in einer Wahl gewann Boris Jelzin diese mit mehr als 57 Prozent. Damit hatte Jelzin mehr Legitimität als Gorbatschow, der als Präsident der UDSSR ein Jahr zuvor durch den Obersten Rat gewählt worden war.
Es wurden Verhandlungen mit Gorbatschow und Russland, der Ukraine, Belarus, Aserbaidschan und den zentralasiatischen Republiken geführt, um einen neuen Unionsvertrag auszuhandeln. Für den Sommer 1991 war die Gründung der Union Souveräner Staaten geplant, eines föderativen Staatengebildes. Jelzin wurde durch einige Politiker des demokratischen Lagers aufgefordert, diesen Vertrag nicht zu unterzeichnen, da man befürchtete, dass Russland sich dann in ständigem Konflikt mit der Unionsregierung befinden würde. Am 19. August, einen Tag vor dem geplanten Vertragsabschluss, kam es zu einem Putschversuch der Hardliner aus der Unionsregierung, um den Erhalt der Sowjetunion zu erzwingen. Der Putsch wurde niedergeschlagen, Boris Jelzin stand auf einmal als Sieger gegenüber Gorbatschow da. Der Staatsrat der UDSSR erkannte am 5. September die Unabhängigkeit der baltischen Staaten an, ohne dass ein vorgeschriebenes Referendum durchgeführt worden war.
Nun drängte auch die Ukraine auf Autonomie. Bereits am 24. August hatte man die Unabhängigkeit proklamiert, bei einem Referendum am 1. Dezember 1991 stimmten mehr als 90 Prozent für die diese. Die Ukraine war für Gorbatschow die zweitwichtigste Republik für eine neue Konföderation gewesen, jetzt war seine Idee nicht mehr umzusetzen. Er drängte weiter auf eine Einigung mit den Republiken, doch ein Treffen Jelzins mit den Präsidenten der Ukraine und Belarus durchkreuzte seine Pläne. Am 8. Dezember 1991 wurde die Auflösung der UDSSR dort für bereits geschehen erklärt und die Schaffung eines losen Verbundes, der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) vereinbart. Am 12. Dezember wurde durch den Obersten Rat Russlands das Abkommen ratifiziert, die russische Delegation aus den beiden Kammern des Obersten Rates der Sowjetunion abberufen. Damit war dieser nicht mehr entscheidungsfähig. Am 25. Dezember legte Gorbatschow sein Amt nieder. Am 26. Dezember erklärte das Oberhaus des Obersten Rates der UDSSR die Existenz der Union für beendet.
Die Auswirkungen des Zerfalls der UDSSR auf die NATO
Im Gegensatz zum Warschauer Pakt blieb die NATO bestehen. Ab 1999 drängten immer mehr Länder, die vormals dem Warschauer Pakt angehörten, in das Verteidigungsbündnis. Waren es von 1952 bis 1999 nur vier Länder, die beitraten, nämlich:
- Griechenland (1952)
- Türkei (1952)
- Westdeutschland (1955)
- Spanien (1982),
so wuchs die Zahl ab 1999 rapide an, nochmals nach den Kriegen in Jugoslawien. Im Einzelnen waren es:
Polen (1999)
Tschechische Republik (1999)
- Ungarn (1999)
- Bulgarien (2004)
- Estland (2004)
- Lettland (2004)
- Litauen (2004)
- Rumänien (2004)
- Slowakei (2004)
- Slowenien (2004)
- Albanien (2004)
- Kroatien (2009)
- Montenegro (2017)
- Nord Mazedonien (2020)
Aktuell sind 30 Staaten Mitglied der NATO. Weitere Staaten können aufgenommen werden. Die NATO-Mitgliedschaft ist offen für „jeden anderen europäischen Staat, der in der Lage ist, die Grundsätze dieses Vertrages zu fördern und zur Sicherheit des nordatlantischen Gebiets beizutragen“. All diese Staaten traten dem Bündnis aus freien Stücken bei. Einige hielten vorher Referenden ab, die durchweg als Ergebnis eine Zustimmung fanden. In anderen Ländern, wie beispielsweise Bulgarien oder der Slowakei, wurden Regierungen, welche einem Beitritt negativ gegenüberstanden, abgewählt. In Russland wurden diese Beitritte nicht gern gesehen. Vertreter Russlands argumentierten, dass durch die NATO-Osterweiterung vom Westen gegebene Zusagen nicht einhalten würde. In der Tat hatte es während der Verhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands mündliche Zusagen in dieser Richtung gegeben, wie es aus Zeitzeugenberichten und Gesprächsnotizen hervorgeht. Schriftlich fixiert wurde allerdings nur, dass keine ausländischen Streitkräfte oder Atomwaffen auf dem ehemaligen Gebiet der DDR stationiert würden. Allerdings gibt es Aussagen, wie zum Beispiel des damaligen deutschen Außenministers Hans-Dietrich Genscher, nach denen die NATO nicht vorhabe, sich weiter nach Osten auszudehnen. Aber auch hier gibt es weder Verträge noch sonstige schriftliche Zusagen. Andererseits hatte Russland sich 1994 im Budapester Memorandum verpflichtet, gemeinsam mit den USA und Großbritannien, die Souveränität von Kasachstan, Weißrussland und der Ukraine anzuerkennen. Im Mai 1997 unterzeichnete die Russische Föderation die Grundakte über die gegenseitigen Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der Nordatlantikvertragsorganisation und der Russischen Föderation. In dieser Grundakte ist festgehalten, dass die NATO und Russische Föderation sich nicht als Gegner betrachten und die Entschlossenheit zur gemeinsamen Verpflichtung zum Bau eines stabilen, friedlichen, ungeteilten und freien Europas zum Ausdruck zu bringen.
Die Rolle der NATO nach dem Kalten Krieg
Nach dem Zusammenbruch der UDSSR und dem Ende des Kalten Krieges hatte sich die politische Weltlage verändert. Dem musste sich auch die NATO anpassen und entwickelte 1991 ein neues Konzept. War bis dahin in Artikel 5 des NATO-Vertrages geregelt, dass die NATO nur zur Verteidigung des Bündnisgebietes agieren konnte, so war es ab da möglich, dass auch andernorts Konflikte verhütet oder Krisen bewältigt werden konnten. Das schloss auch Militäreinsätze außerhalb des Bündnisgebietes ein. Doch bereits bevor die neue Doktrin verabschiedet wurde, griff die NATO in den Kosovo-Krieg ein und bombardierte Belgrad. Man hatte zwar im Vorfeld versucht, ein UN-Mandat zu erhalten, dieses war jedoch im Sicherheitsrat durch Russland verhindert worden. Daher war der Angriff ohne dieses Mandat erfolgt, was zahlreiche Kritiker als völkerrechtswidrig bezeichneten.
Am 11. September 2001 kam es zu dem wohl folgenreichsten Terrorangriff, den es jemals gegeben hat. Zwei Flugzeuge flogen in die Türme des World-Trade-Centers, ein weiteres in das Pentagon. Eine vierte Maschine erreichte das Ziel, womöglich Camp David, nicht. Mehr als 3000 Menschen starben, die Zwillingstürme stürzten ein. Urheber war die Terrororganisation Al-Qaida unter der Führung von Osama Bin-Laden. Als Rückzugsort wurde Afghanistan ausgemacht. Am 12. September verurteilte der UN-Sicherheitsrat die Terroranschläge. Seine 15 Mitglieder forderten einstimmig, die Täter und die Hinterleute zur Verantwortung zu ziehen. Auch bekundeten sie ihre Entschlossenheit, die „verursachten Bedrohungen des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit mit allen Mitteln zu bekämpfen“. Der Sicherheitsrat wies in seiner Sitzung auch darauf hin, dass ein Bündnisfall vorliege, sofern zweifelsfrei feststehe, dass die Anschläge auf die USA vom Ausland ausgeführt worden seien. Am 2. Oktober verkündete der damalige NATO-Generalsekretär Robertson, dass die USA die entsprechenden Beweise vorgelegt hätten. In der Folge beschlossen die damals 19 Mitgliedsstaaten einstimmig und erstmals, dass ein Bündnisfall nach Artikel 5 des Vertrages vorliege. Dazu erkannte die NATO die notwendigen Voraussetzungen für den Bündnisfall als erfüllt an: Die Täter seien Teil des Netzwerkes Al-Quaida gewesen, wodurch feststehe, dass die Angriffe aus dem Ausland gesteuert worden seien. Bereits am 7. Oktober begann die „Operation Enduring Freedom“ (OEF). Ziel war es, die Al-Quaida in Afghanistan zu zerschlagen und das Taliban-Regime zu stürzen, beruhend auf Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen, in dem das Recht zur individuellen und kollektiven Selbstverteidigung garantiert wird. Dieser Einsatz beschränkte sich nicht nur auf Afghanistan. Die USA hatten kurz nach den Anschlägen zum „Krieg gegen den Terror“ und zur Gründung einer internationalen Anti-Terror-Allianz aufgerufen. Militäreinsätze fanden im Rahmen der OEF in anderen Weltregionen statt, zum Beispiel am Horn von Afrika, in der Sahara und auf den Philippinen. Erst im Dezember 2014 erklärten die USA den Einsatz der OEF in Afghanistan für beendet.
Der Ukraine-Krieg und die Norderweiterung
Mit dem Zerfall der UDSSR schien die Gefahr eines Krieges gebannt zu sein. Doch am 9. August 1999 wurde Wladimir Putin von Boris Jelzin zum Ministerpräsidenten ernannt und damit der zweitmächtigste Mann Russlands. Im beginnenden zweiten Tschetschenienkrieg griff er hart durch und machte sich damit einen Namen. Im Dezember 1999 legte Jelzin sein Amt nieder, Putin wurde zum kommissarischen Staatschef. Die Präsidentschaftswahl im Jahr 2000 gewann er. Seine erste reguläre Amtszeit war bestimmt durch eine Wiederbetonung der sowjetischen Vergangenheit als Erbe des Nationalstolzes, das erfolgreiche Zurückdrängen der Bedeutung der Oligarchen, den Tschetschenien-Konflikt und den Untergang der Kursk. Von 2004 bis 2008, während seiner zweiten Amtszeit, baute er seine Macht weiter aus. Er entmachtete Gouverneure und förderte die Wirtschaft, was eine relativ stabile Verbesserung der allgemeinen Lebensumstände nach sich zog. Allerdings ging er auch mit rabiaten Mitteln, welche oft gegen die Presse- oder Meinungsfreiheit verstießen, gegen Oppositionelle und Kritiker vor. Laut Verfassung war es ihm nicht möglich, 2008 ein weiteres Mal um das Amt zu kandidieren. So schickte er seinen Dimitri Medwedew ins Rennen, der die Wahl auch gewann und Putin sofort wieder zum Ministerpräsidenten bestimmte. Putin, formal der zweite Mann im Staat, ließ aber nie Zweifel daran aufkommen, wer die Macht in Russland hatte. 2012 trat er selber wieder zur Wahl an, die er auch nach offiziellen Angaben gewann. Demonstrationen gegen Korruption oder Maßnahmen der Regierung wurden gewaltsam aufgelöst. Auch außenpolitisch verschärfte sich unter Putin die Lage. In der ukrainischen Stadt Kiew kam es 2014 zu den Maidan-Unruhen, die zum Sturz des russlandfreundlichen Präsidenten Janukowytsch führten. Putin antwortete darauf mit außenpolitischen Maßnahmen.
1954 hatte Russland die Krim an die damalige Sowjetrepublik Ukraine übertragen, die damit nach dem Zerfall der UDSSR Teil der Ukraine geworden war. Im März 2014 ließ Putin die Krim besetzen und wieder in den russischen Staat eingliedern. Als Begründung hatte er, als er den Russischen Föderationsrat um Erlaubnis zum Truppeneinsatz gebeten hatte, angeführt, dass durch die ukrainische Politik russische Staatsbürger in Gefahr wären. Der Westen verurteilte die Aktion, sah man doch die staatliche Souveränität der Ukraine und die europäische Friedensordnung in Gefahr. Im April 2014 riefen pro-russische Separatisten im Osten der Ukraine zwei selbst verwaltete Gebiete aus und bildeten zwei neue Volksrepubliken, Luhansk und Donezk. Umgehend trat Russland als Schutzmacht auf. 2017 wurden nach einem Dekret Putins die Pässe der Volksrepubliken vom russischen Staat als gültig anerkannt. Im Nahen Osten unterstützte Putin im syrischen Bürgerkrieg Präsident Assad. Nachdem er 2018 erneut gewählt wurde und seine vierte Amtszeit angetreten hatte, wurde 2020 eine Verfassungsänderung durchgesetzt, die es ihm ermöglicht, bei zukünftigen Wahlen erneut zu kandidieren.
Bei alldem war es der NATO nicht möglich, in irgendeiner Form einzugreifen, da die Ukraine nicht Mitglied der NATO war. Somit kam der Bündnisfall nicht in Frage. Putin hat sich immer wieder gegen eine Osterweiterung der NATO ausgesprochen. Er beruft sich dabei auf angebliche Zusagen während der Verhandlungen zur Wiedervereinigung Deutschlands. Ferner vertritt er die Meinung, dass Russland 1991 durch die Gründung der Ukraine ausgeraubt worden sei. Er behauptet, es gäbe keine ukrainische Nation, sondern nur eine große russische Nation mit der Ukraine als Teil davon. Und es scheint, als ob er sich durch die weiter nach Osten vorgeschobenen Grenzen mittels der NATO-Beitritte bedroht fühlt. So kam es im Februar 2022 zum Überfall auf die Ukraine. Dies hat nun Folgen, die erneut die weltpolitische Lage verändern könnten. Die sich bisher immer neutral verhaltenden Staaten Schweden und Finnland haben, wohl auch, weil die Möglichkeit einer russischen Invasion besteht, Anträge auf eine NATO-Mitgliedschaft eingereicht. Diese könnten im beschleunigten Verfahren bald angenommen werden. Putin hat daraufhin bereits mit Konsequenzen gedroht. Auch der türkische Ministerpräsident Erdogan stellt sich gegen die Aufnahme der beiden Staaten.
Fazit
Während des Kalten Krieges war die NATO als Verteidigungsbündnis eine Art Garantie für den Frieden. Hatte sie als „Gegner“ den Warschauer Pakt, so sieht sich das Bündnis jetzt neuen Herausforderungen gegenüber und wird sogar als „Weltpolizei“ bezeichnet, was sie nicht sein kann und nicht sein darf. Durch die zunehmende Zahl der beigetretenen Länder und die Anträge derer, die sich bisher immer als neutral bezeichnet haben, wächst damit auch die Gefahr, dass man als „Unbeteiligter“ in einen Konflikt mit hineingezogen wird, wie es 1914 der Fall gewesen ist. Doch die Frage darf gestellt werden: Kann man heutzutage, im Zeitalter von Atomwaffen und Langstreckenbombern, sich als unbeteiligt bezeichnen? Und ist die NATO noch in der Lage, einen Frieden zu garantieren?
Anmerkungen und Quellen
1Ungarischer Volksaufstand – Am 23. Oktober 1956 entwickelte sich aus Studentenprotesten in Budapest ein landesweiter Volksaufstand gegen das kommunistische Regime. Die Sowjetunion intervenierte und ließ die Proteste blutig niederschlagen. https://www.bpb.de/kurz-knapp/hintergrund-aktuell/342325/vor-65-jahren-ungarischer-volksaufstand/
2Prager Frühling – Bislang verschlossene Politbüroakten zeigen: Die Entscheidung Moskaus zum Einmarsch in die Tschechoslowakei fiel früher als bisher angenommen. Stefan Karner schildert die sowjetische Politik um den „Prager Frühling“ und seine militärische Niederwerfung. https://www.bpb.de/themen/zeit-kulturgeschichte/68er-bewegung/52007/der-prager-fruehling/
3 Der Zerfall der UDSSR – Historischer Überblick
Bereits in den ausgehenden 1980er Jahren kündigten sich zentrifugale Tendenzen in der UdSSR an. Es gründeten sich zahlreiche protopolitische Vereinigungen, die das Machtmonopol der KPdSU herausforderten. Offenes Reden über Probleme wie das Warendefizit, die Bürokratie oder die ideologische Bevormundung entzogen der KPdSU zunehmend die Legitimation. Die Krise des Staates wurde noch verstärkt durch das unablässige Wettrüsten mit den USA, das die Ressourcen der UdSSR verschlang. Die Wirtschaft des Landes konnte mit den Ansprüchen der Bevölkerung nicht mehr mithalten. In dieser Zeit wurden auch die Forderungen nach mehr Selbständigkeit der Republiken zunehmend radikaler. Einigen Historikern zufolge war es diese Krise, die das Land zu Fall brachte. Andere Historiker widersprechen dieser These: Es war die Perestroika Gorbatschows – ein letzter, jedoch erfolgloser Versuch der Erneuerung – , die ihrer Ansicht nach dem Staat entscheidend zusetzte: Mit der Schwächung der Partei, die in der Politik der Perestroika angelegt war, griff Gorbatschow die Grundlage der eigenen Macht an.
Einen Präzedenzfall schuf Estland am 16. November 1988. Noch vor den ersten halbfreien Wahlen zum Volksdeputierten-Kongress der UdSSR, proklamierte der Oberste Rat der Estnischen SSR die Souveränität der Republik. Im nächsten Jahr folgten Litauen und Lettland. Diese Souveränitätserklärungen bedeuteten jedoch noch nicht den Austritt aus der Sowjetunion, sondern lediglich den Vorrang der eigenen Gesetze gegenüber der unionsweiten Gesetzgebung.
Im Laufe des Jahres 1990 erklärten alle Republiken außer Armenien ihre Souveränität. Den nächsten Schritt machten im selben Jahr die drei baltischen Republiken – Litauen, Lettland und Estland – als ihre Obersten Räte den Austritt aus der Union beschlossen. Doch der schwerste Schlag traf die Sowjetunion am 12. Juni 1990, als Russland (RSFSR) seine Souveränität erklärte. Alle Gremien der Unionsebene befanden sich in Moskau, ohne Russland konnte die Union nicht existieren. Der Oberste Rat der UdSSR und die Unionsministerien verloren in der Folge rapide an Macht gegenüber den Organen der RSFSR.
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