Kommunistinnen als Wegbereiterinnen. Ein Blick in die Geschichte des Internationalen Frauenkampftages.
Die Kommunistische Fraueninternationale führte 1921 den 8. März als Termin für den Internationalen Frauentag ein. Bis sich dieses Datum durchsetzte, dauerte es jedoch einige Jahrzehnte. 1975 nahm die UNO den 8. März in ihrem »Jahr der Frau« als Weltfrauentag in ihren Kalender auf. Nur in wenigen Staaten – unter anderm in Angola und Zypern – ist er ein gesetzlicher Feiertag. Auf die Initiative von »Frauen in Neukölln«, die von vielen Bündnissen unterstützt wurde, erklärte 2019 auch Berlin als erstes Bundesland den 8. März zum arbeitsfreien Tag.
Heute werben selbst Supermärkte mit dem 8. März, um mit dem Verkauf von »Geschenken für Frauen« Geschäfte zu machen. Rechte und höhere Löhne wurden Frauen allerdings noch nie geschenkt. Dass sie dafür kämpfen mussten und müssen und Frauensolidarität über alle Grenzen hinweg dabei hilfreich ist, daran erinnert der Internationale Frauentag jedes Jahr.
Revolution würdigen
Eingeführt wurde er 1910 von der Sozialistischen Fraueninternationale auf Antrag der deutschen Delegation. Im Kampf für das Frauenwahlrecht suchten sie internationale Unterstützung, weil sie darauf weder bei der Sozialdemokratie noch der bürgerlichen Frauenbewegung im Deutschen Kaiserreich hoffen konnten. Ein gemeinsames Datum für alle beteiligten Länder gab es zunächst nicht. Hierzulande fand der erste Internationale Frauentag – in Erinnerung an den Beginn der Revolution 1848 – am 19. März 1911 statt. Damals hatten Frauen erstmals ihr Wahlrecht gefordert.
Während die Sozialisten den Internationalismus vor dem Ersten Weltkrieg aufgaben, beschloss die Fraueninternationale Ende März 1915 in Bern einen gemeinsamen Friedensappell. Trotz Verbot gelang es, diesen Aufruf im Kaiserreich hunderttausendfach zu verteilen. Eine Protestkundgebung von Berlinerinnen zum Internationalen Frauentag 1915 vor dem Reichstag war die erste öffentliche Antikriegsdemonstration in Deutschland.
Mit ihrem Engagement gegen den Krieg bereiteten Frauen die Revolution im November 1918 mit vor, in der sie schließlich ihr Wahlrecht durchsetzen konnten. Das war der letzte große Erfolg der sozialistischen Frauenbewegung, die durch die Spaltung der Arbeiterbewegung in eine kommunistische und eine sozialdemokratische erheblich geschwächt wurde. Auch wenn sie sich in ihren politischen Forderungen – wie der Streichung des Paragraphen 218 – kaum unterschieden, begingen die KPD- und SPD-Frauen fortan den Frauentag getrennt.
Nachdem die Kommunistinnen sich in einer Fraueninternationalen zusammengeschlossen hatten, bestimmten sie den 8. März als Datum für ihren Internationalen Kampftag, in Erinnerung daran, dass an diesem Tag im Jahr 1917 die Revolution in Russland mit einem Streik der Textilarbeiterinnen für »Brot und Frieden« begonnen hatte.
Ursprung verschleiert
Überall in Deutschland wurde der Internationale Frauentag erstmals am 8. März des Jahres 1946 gefeiert, organisiert von überparteilichen Frauenausschüssen, die sich nach der Befreiung vom Faschismus gebildet hatten, um am Aufbau einer neuen, gleichberechtigten Gesellschaft mitzuwirken. In der DDR staatlich institutionalisiert, wurde der Frauentag im Westen durch den Antikommunismus des Kalten Krieges politisch suspekt. Um den kommunistischen Ursprung des 8. März zu verschleiern, wurde ein Arbeiterinnenstreik in den USA auf diesen Tag datiert.
Mit der Entwicklung einer neuen Frauenbewegung in den 1960er Jahren verbreitete sich der Internationale Frauentag in der BRD unabhängig von weltanschaulicher Ausrichtung. In einer globalisierten Welt bietet der 8. März heute die Möglichkeit, verschiedensten Fraueninteressen Gehör zu verschaffen und gemeinsam solidarisch dafür zu kämpfen.
Clara Zetkin – Sozialistin und Vorkämpferin für Frauenrechte
Enge Vertraute und Mitstreiterin im revolutionären Kampf: Clara Zetkin und Rosa Luxemburg (10.4.1909). Dort kämpfen, wo das Leben ist.
Trotz von oben verordneten Vergessens in der bleiernen Bundesrepublik der fünfziger Jahre und der Vernachlässigung bzw. des Ignorierens in der Frauenforschung und in einem guten Teil der Frauenbewegung bis zu Beginn des 21. Jahrhunderts: Clara Zetkin inspirierte und inspiriert weiterhin Generationen von Feministinnen in der Bundesrepublik und in der Welt.
Als wir – eine Frauengruppe des Bonner SDS – vor mehr als 50 Jahren Zetkins Geschichte der proletarischen Frauenbewegung lasen, entdeckten wir eine bewegte Frauengeschichte und eine Aktivistin, die die Frauenemanzipation mit der Emanzipation der Gesellschaft verband. Mit der Biographie (1993) des französischen Germanisten Gilbert Badia vor bald 30 Jahren wurde eine andere Zetkin sichtbar, eine Rebellin im privaten und politischen Leben. Vor 15 Jahren, als ich zu Zetkins 150. Geburtstag zum Teil unbekannte Texte von ihr herausgab, und vor fünf Jahren mit Marga Voigts Herausgabe von Zetkins »Kriegsbriefen« (1914–1918), entdeckte ich sie wieder, diesmal auch als internationale Netzwerkerin und vielseitige Persönlichkeit. Bei der diesjährigen Herausgabe von Zetkins Texten in Frankreich rückte die Sozialistin als profunde Kennerin der französischen Frauen- und Arbeiterbewegung in den Vordergrund.
Und Zetkin überrascht bis heute. Diesmal vermittelt durch die lebendige »Erzählung« von Lou Zucker, die uns die »Rote Feministin« nahebringt. Zucker konzentriert sich auf fünf Schwerpunkte im Leben und Wirken der als Clara Eißner Geborenen. Für »die« Biographie Zetkins fehlen heute noch zu viele Elemente – darunter die vollständige Herausgabe ihrer Briefe. Zunächst geht es in dem Buch um ihr Engagement in der Leipziger Arbeiterbewegung. Wir erfahren wenig über die Kindheit in Wiederau, dafür um so mehr über die Leipziger Jugendjahre, geprägt vom Studium moderner Sprachen, vom Kennenlernen ihres künftigen Gefährten Ossip Zetkin und vom Besuch von Arbeiterbildungsvereinen – gegen den Willen der Mutter.
Es folgen die entscheidenden Jahre im Pariser Exil, wo sie gemeinsam mit ihrem Gefährten lebte. Hier debütierte die Sozialistin in der politischen Szene. Als Journalistin und Mutter von zwei kleinen Kindern erfuhr sie, wie schwierig es ist, Politik, Beruf und Familie miteinander zu verbinden. Hinzu kamen die harten Lebensbedingungen und der Tod ihres Partners.
Der erfolgreichsten Phase Zetkins, die nach ihrer Rückkehr 1890, also nach dem Fall des Sozialistengesetzes beginnt, widmet Zucker zwei Kapitel. Zetkin, inzwischen Frau des Malers Friedrich Zundel und beste Freundin von Rosa Luxemburg, ist in Stuttgart Chefredakteurin der SPD-Frauenzeitung „Die Gleichheit“ und internationale Sekretärin der Partei.
Es folgt eine Zeit der Konferenzen und der hartnäckige Kampf um den Internationalen Frauentag. Über die Auseinandersetzungen innerhalb der KPD und der Kommunistischen Internationale oder über Zetkins Wirken in der Sowjetunion während der Weimarer Republik erfahren wir wenig, dafür aber viel über ihr Engagement gegen Faschismus und Krieg. Am Schluss wird an die Massenbewegung gegen den Paragraphen 218 erinnert.
Das originell gestaltete Taschenbuch mit zahlreichen Abbildungen und hervorgehobenen Zitaten liest sich fast wie ein Roman. Zur Lebendigkeit tragen die in den Text integrierten »Interviews« der Autorin mit Zetkin bei. Sie geben Antworten auf Fragen nach der Bedeutung der Frauenerwerbsarbeit (Rede auf dem Internationalen Arbeiterkongress in Paris 1889), der Notwendigkeit eines besonderen Arbeitsschutzes und einer besonderen Organisation für Frauen, unterschiedlichen Klasseninteressen der bürgerlichen und proletarischen Frauen (»Der Student und das Weib« 1899) oder auch auf Fragen nach den Wurzeln des Faschismus und nach dem Versagen der linken Parteien.
Aktuell: Für einen selbst bestimmten Feminismus – »Marsch fürs Leben«
Die Fachinformationsstelle Rechtsextremismus München (FIRM) (…) warnt vor einer stärker werdenden Formierung antifeministischer Akteur*innen beim sogenannten Marsch fürs Leben in München. Bei der Demonstration am 20. März 2021 wollen radikale Abtreibungsgegner*innen in der Landeshauptstadt gegen Schwangerschaftsabbrüche protestieren. (…)
Die Szene, welche Schwangerschaftsabbrüche verunmöglichen möchte, rekrutiert sich aus konservativen, christlich-fundamentalistischen und (extrem) rechten Teilen der Gesellschaft und ist in Bayern beziehungsweise München besonders aktiv. Allein im Münchner Stadtgebiet zählt die FIRM jedes Jahr rund 20 Veranstaltungen radikaler Abtreibungsgegner*innen. Dazu zählen mehrtägige »Mahnwachen« und Gebetsmärsche, im Zuge derer Kliniken, Praxen und die Beratungsstelle von »Pro Familia« teilweise über längere Zeiträume von »Lebensrechtlern« belagert werden.
Mit dem »Marsch fürs Leben« soll nun eine weitere Großveranstaltung nach dem Vorbild anderer Märsche in Berlin, Washington, Wien oder Paris hinzukommen, zu denen teilweise mehrere tausend Teilnehmende anreisen. Organisiert wird der Marsch vom Verein »Stimme der Stillen« aus München. Die drei Vereinsvorsitzenden Silja Fichtner, Richard Theisen und Andreas Wagner (CSU) weisen Verbindungen in konservative rechtskatholische und christlich-fundamentalistische Kreise auf, verbreiten teilweise selbst rechte Verschwörungserzählungen und Positionen. (…)
Anmerkungen und Quellen
Feminismus Beitrag der jW am 05.03.2021