Sozialistische Einheitspartei Deutschlands – kurz SED.
Der Vereinigungsparteitag begann am 21./22. April 1946 in Berlin. Hier schlossen sich die KPD (die Kommunistische Partei Deutschlands) mit der SPD (der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands) zusammen und bildeten eine neue Partei mit dem Namen „Sozialistische Einheitspartei Deutschlands“ (abgekürzt SED).
Ein dreiviertel Jahrhundert nach der Gründung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands wird es ruhiger um die alte Erzählung von der »Zwangsvereinigung« von KPD und SPD im April 1946. Wer in der Fachwissenschaft einen Ruf zu verlieren hat, trägt sie nicht mehr vor. Dass etwa die »Gruppe Ulbricht« im Mai 1945 mit dem Vorsatz nach Berlin kam, eine »kommunistische Diktatur nach sowjetischem Muster« zu etablieren und sich deshalb bald schon darauf konzentrierte, die SPD in irgendeiner Form »auszuschalten« – so beginnen die klassischen Märchen zum Thema –, kann nicht mehr behaupten, wer sich einigermaßen gründlich und unvoreingenommen mit den Quellen befasst hat.
Dazu gehören neben den vor allem im Bundesarchiv zugänglichen und teilweise publizierten Dokumenten, die es ermöglichen, die interne Selbstverständigung der KPD-Führung und des von Otto Grotewohl geführten Zentralausschusses der SPD nachzuvollziehen, besonders die Dokumente zur sowjetischen Deutschlandpolitik aus den Jahren 1945 bis 1947. Aus letzteren geht ohne jeden Zweifel hervor, dass die UdSSR ein im bürgerlich-parlamentarischen Sinne »demokratisches«, neutrales und entmilitarisiertes Deutschland anstrebte. Der zentrale innerdeutsche Hebel für diese Politik sollte die »einheitliche Partei der Werktätigen« sein. In einer schlagkräftigen Arbeiterbewegung sah Moskau die – in einem neutralen, also perspektivisch nicht mehr besetzten Deutschland im Grunde einzige – Garantie dafür, dass eine Annäherung des Landes an den »Westen« auf antikommunistischer und antisowjetischer Grundlage ausgeschlossen sein würde. Diese Kalkulation traf sich mit dem Streben zwar nicht aller, aber sehr vieler Kommunisten und Sozialdemokraten nach der organisatorischen Einheit der Arbeiterbewegung, das überwiegend in der noch frischen Erinnerung an die Katastrophe von 1933 wurzelte.
Demokratische Republik
Für eine informierte Diskussion mindestens ebenso wichtig wie ein Mindestmaß an Klarheit in der Frage der »Zwangsvereinigung« ist eine schlüssige Antwort auf die Frage, was für eine Partei die SED in politisch-programmatischer Hinsicht zum Zeitpunkt ihrer Gründung im April 1946 eigentlich war. Man beschreibt sie vielleicht am besten, wenn man sie als proletarische Sammlungspartei mit einem sozialistischen Selbstverständnis bezeichnet, die auf die Schaffung eines politischen Systems bürgerlich-parlamentarischen Zuschnitts (eine »antifaschistisch-demokratische Republik«) und dabei auf die Kooperation mit allen »antifaschistisch-demokratischen Parteien« orientierte – und zwar im gesamtdeutschen Rahmen. In den »Grundsätzen und Zielen«, die der Vereinigungsparteitag gebilligt hatte, versprach die Partei, »mit aller Energie gegen alle partikularistischen Tendenzen für die wirtschaftliche, kulturelle und politische Einheit Deutschlands« einzutreten. Den »Kampf um den Sozialismus« wollte die Partei erst »auf dem Boden« dieser »demokratischen Republik« aufnehmen.
Die Überlegungen zur Ausgestaltung der Wirtschaftsordnung boten Raum für privatkapitalistische Akteure. Im »Manifest an das deutsche Volk« wandte sich die SED ausdrücklich auch an »Handwerker und Gewerbetreibende«. Nur zwei Einschränkungen wurden an dieser Stelle gemacht: Die Partei nahm sich die Zerschlagung des Großgrundbesitzes im Rahmen einer Bodenreform und darüber hinaus die Enteignung der »Kriegsverbrecher und Kriegsinteressenten« vor. Damit sollten wesentliche Trägerschichten des Faschismus ökonomisch entmachtet, keineswegs aber die Weichen in Richtung Planwirtschaft gestellt werden. Die Partei war der Intention nach also zweierlei nicht: ein »Instrument zur Diktaturdurchsetzung« und Antreiber einer sozialistischen Sonderentwicklung in einem ostdeutschen Separatstaat. Alle gegenteiligen Behauptungen haben das etwas peinliche Problem, dass sie sowohl von den öffentlich zugänglichen wie von den archivalischen Quellen dementiert werden. Dass an ihnen dennoch in dieser oder jener Form festgehalten wird, belegt das politische Interesse derjenigen Historiker, die sie aufstellen, aber sonst gar nichts.
Anstoß von außen
Ohne Zweifel haben sich innere Organisation und politischer Ansatz der SED bis 1949/50 bzw. 1952 verändert. Der Anstoß für diese Entwicklung kam in der Hauptsache allerdings von außen, nämlich von den Besatzungsmächten in den drei Westzonen und der Schumacher-SPD, die mit allen Mitteln eine Konstituierung der SED außerhalb der »Sowjetzone« unterbanden. Die SPD reagierte auf die SED-Gründung auf ihrem Parteitag in Hannover im Mai 1946 mit einer »Kundgebung«, in der zum einen der »Sozialismus als Tagesaufgabe« proklamiert, also die SED scheinbar »links« überholt wurde (wohlweislich unter Verzicht auf ein konkretes Aktionsprogramm), und in der zum anderen mit der Parole der »Demokratie« im Anschluss an den sozialdemokratischen Antikommunismus der 1920er und 1930er Jahre eine scharfe, konfrontative Abgrenzung von KPD und SED vorgenommen wurde. Per Beschluss wurde allen SPD-Mitgliedern untersagt, für eine Einheitspartei mit den Kommunisten einzutreten.
Dass die Gruppe rechter, erbittert antikommunistischer Funktionäre um Kurt Schumacher sich in der westzonalen SPD ohne größere Schwierigkeiten durchsetzen konnte, verdankte sie der Hilfestellung der dortigen Besatzungsmächte. Mit deren Rückendeckung untergrub sie im Herbst 1945 erfolgreich die Autorität des Berliner SPD-Zentralausschusses in den Westzonen (und Anfang 1946 auch in den Westsektoren Berlins), wies alle »Versuche zur Herstellung einer gemeinsamen Parteiarbeit« (Max Fechner in einem Brief an Kurt Schumacher im März 1946) zurück und lehnte im Februar 1946 auch den vom Zentralausschuss vorgeschlagenen »Reichsparteitag« ab, auf dem über die Einheitsfrage beraten und entschieden werden sollte. Die Einheitskampagne in den Westzonen, die im Sommer 1946 mit mehreren Großkundgebungen etwa in Essen, Braunschweig, München und Nürnberg, bei denen auch Otto Grotewohl, Wilhelm Pieck und Walter Ulbricht auftraten, ihren Höhepunkt erreichte, lief ins Leere. Die Militärregierungen verweigerten der SED die Zulassung, verboten Versammlungen, »die eine solche Verschmelzung als Ziel haben«, und behinderten die von der KPD ausgehende Agitation für die »Einheit der Arbeiterbewegung« auf Schritt und Tritt. Die britische Militärregierung untersagte vorsorglich sogar eine Umbenennung der KPD in SED.
Gleichzeitig unterstützten die Besatzungsmächte die Schumacher-Gruppe bei der systematischen Ausschaltung aller SPD-Funktionäre, für die die Einheitspartei (oder zumindest irgendeine Form der Kooperation mit der KPD bzw. der SED) kein selbstverständliches Tabu war. »Rigoros gehen die Schumacher-Leute gegen alle Funktionäre vor, die den Einheitsgedanken propagieren (Ausschluss)«, hieß es schon im April 1946 in einem Bericht aus der US-amerikanischen Besatzungszone. Diese »Säuberung«, über die sozialdemokratische Historiker bis zum heutigen Tag nicht ein Wort verloren haben, war bis Ende 1946 weitgehend abgeschlossen. Noch im Frühjahr 1946 hatten sich von Flensburg bis München zahlreiche SPD-Mitglieder und -Funktionäre – auch Mitglieder von Landesvorständen – für die Einheitspartei ausgesprochen; am 1. Mai 1946 hatte es in mehreren Städten gemeinsame Kundgebungen von KPD und SPD gegeben. Ein Jahr später hatte Schumacher die Partei fest im Griff.
Strategische Niederlage
In einer internen Analyse der »Lage in der SED« wurde noch vor Ablauf des Jahres 1946 das Dilemma beschrieben: »Unsere ursprüngliche Absicht, unmittelbar nach dem Vereinigungsparteitag die Vereinigung auch in der West- und Süd Zone Deutschlands durchzuführen, ist gescheitert.« Noch hoffte man auf einen »Klärungsprozess« in der SPD, der mit Angeboten zur Aktionseinheit in Betrieben und Gewerkschaften gestützt werden sollte: »Wenn dieser Klärungsprozess den von uns für nötig gehaltenen Reifegrad erreicht hat, würden wir es für zweckmäßig halten, bei Anerkennung der SED durch die Besatzungsbehörden im Westen die SED als Partei in den westlichen Zonen zu errichten.« Der springende Punkt war die »Anerkennung der SED durch die Besatzungsbehörden im Westen«, die nie erfolgte.
Als die Sowjetunion ab 1948 auf die antisozialistische Formierung des »Westens« und die damit einhergehende Forcierung der Bestrebungen zur Schaffung eines westdeutschen Separatstaates mit der Konsolidierung ihres Einflussbereiches reagierte, musste die SED ein »konzeptionelles Vakuum« (Marianne Braumann) überwinden: Das »antifaschistisch-demokratische Gesamtdeutschland« hatte sich als unerreichbar, ja als Trugbild erwiesen. Was dann kam – die »Partei neuen Typus«, die Gründung der DDR, schließlich die 1952 vorgenommene Orientierung auf den »planmäßigen Aufbau des Sozialismus« – war also wesentlich auch Konsequenz einer strategischen Niederlage, die die SED bereits unmittelbar nach ihrer Gründung erlitt. Mit der Neuorientierung bewies die junge Partei allerdings, dass sie in der Lage war, statt mit Rückzug und Kapitulation offensiv auf Niederlagen zu reagieren – eine Fähigkeit, die ihr bis 1989 abhandengekommen war.
Das politische System der DDR folgte einem ganz anderen Aufbau als das der Bundesrepublik. Grundlage des Systems war der Sozialismus (siehe auch: Was ist Sozialismus?). Die Staatsform war die einer Volksrepublik. Die eigentliche Macht lag in den Händen der SED, also einer Partei.
Volkskammer
Die Volkskammer war das Parlament (die Volksvertretung) der DDR und damit formell das oberste Organ. Die Zusammensetzung der Volkskammer stand jedoch schon jeweils vor den Wahlen fest. Die Mitglieder der Volkskammer repräsentierten somit also nicht den Willen des Volkes. Es gab keine Opposition und fast alle Beschlüsse der Volkskammer erfolgten einstimmig.
Ministerrat
Aus der Volkskammer wurden die Minister gewählt, die zusammen den Ministerrat bildeten. Dieser war die offizielle Regierung der DDR. Der Vorsitzende des Ministerrates war der Ministerpräsident.
Staatsrat
Die Volkskammer wählte auch den Staatsrat. So wurde das Staatsoberhaupt der DDR genannt, nachdem 1960 das Amt des Präsidenten abgeschafft wurde. Das Staatsoberhaupt ist formell das höchste Amt im Staat, der Amtsinhaber repräsentiert den Staat nach innen und außen (in der Bundesrepublik ist der Bundespräsident das Staatsoberhaupt).
Der Staatsrat bestand aus 22 bis 29 Personen (was eher ungewöhnlich ist): aus einem (Staatsrats-)Vorsitzenden, seinen vier bis neun Stellvertretern, 16 weiteren Mitgliedern und einem Sekretär.
Zentralkomitee (ZK)
Die eigentliche Macht im Staat lag aber in Händen der SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands). Auf den Parteitagen wurde das Zentralkomitee gewählt. Zum ZK gehörten anfangs rund 90 Mitglieder sowie 40 Kandidaten (die Zahlen erhöhten sich im Laufe der Jahre). Die Mitglieder waren stimmberechtigt, die Kandidaten durften an den Sitzungen teilnehmen, aber nicht mit abstimmen.
Aus dem ZK wurde das „Sekretariat“ gewählt und aus diesen etwa zehn Personen wiederum der Generalsekretär. Das Amt wurde 1953 umbenannt in „Erster Sekretär“. Die Sekretäre des ZK waren gegenüber den Ministern weisungsbefugt, durften ihnen also Befehle erteilen. Das ZK kontrollierte die Partei und die Regierung und war somit die eigentliche Machtzentrale im Staat.
Politbüro
Das ZK wählte außerdem das Politbüro. Es bestand aus 15 bis 20 Mitgliedern (und etwa zehn nicht stimmberechtigten Kandidaten). Der Generalsekretär war gleichzeitig Vorsitzender des Politbüros.
Parteien in der DDR
Die herrschende Partei in der DDR war die SED: die Sozialistische Einheitspartei Deutschlands. Neben ihr gab es wenige weitere Parteien, die mit der SED in einem „Block“ zusammengeschlossen waren. Man nennt sie darum auch Blockparteien.
Der Antifaschistisch-demokratische Block
1945 bildeten vier Parteien den „antifaschistisch-demokratischen Block“: die KPD, die SPD, die CDU und die LDPD. 1948 traten die DBD (Demokratische Bauernpartei Deutschlands) und die NDPD (Nationaldemokratische Partei Deutschlands) dem Block bei. Die Gründung dieser beiden Parteien war von der sowjetischen Besatzungsmacht forciert worden, damit sie CDU und LDPD Wähler abwarben. Zusammen mit den Massenorganisationen, die wie Parteien politisch eingebunden waren, bildeten sie dann die Nationale Front.
Gründung der SED
Die SED wurde im April 1946 gegründet. Schon im Juni 1945 hatte die sowjetische Besatzungsmacht Parteien wieder zugelassen, natürlich unter ihrer eigenen strengen Kontrolle. Großen Zulauf erlebte neben der KPD, also der Kommunistischen Partei, auch die SPD (Sozialdemokratische Partei).
Die Kommunisten und sowjetischen Besatzer sahen nur einen Weg, den Mitgliederzulauf zur SPD zu stoppen und den eigenen Machtanspruch durchzusetzen: Sie mussten die SPD vereinnahmen. Das geschah, indem man sie zwangsvereinigte mit der KPD – zur SED. Darum nannte man sie auch die „Einheitspartei“. In der SED aber verloren die Sozialdemokraten bald an Macht.
CDU
In allen Besatzungszonen gründeten sich ab 1945 Ortsverbände der CDU, der Christlich-Demokratischen Union. Anders als die katholisch geprägte Zentrumspartei der Weimarer Republik sollte die neue Partei konfessionell übergreifend ausgerichtet sein. Auch in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) wurde die CDU gegründet, dort jedoch dem „Block“ einverleibt.
LDPD
Die LDPD war die Liberaldemokratische Partei. Sie sprach sich entschieden gegen eine Bodenreform aus. Schon im November 1945 musste ihr Vorsitzender Waldemar Koch unter Druck der Sowjetischen Militäradministration (SMAD) seinen Platz abgeben.
Blockflöten?
Die Existenz der – machtlosen – Blockparteien verschleierte die Einparteienherrschaft der SED und täuschte einen Parteienpluralismus vor, den es nicht gab. Darum wurden die Blockparteien im Volksmund auch „Blockflöten“ genannt: Ohne Mitwirkung durften sie die Politik der SED nur abnicken. Wer in der Anfangszeit noch Widerstand ausübte, wurde verhaftet und mundtot gemacht.
1950 wurde das Ministerium für Staatssicherheit gegründet. Abgekürzt wird es meist MfS oder auch „Stasi“ genannt. Die Staatspartei der DDR, die SED, betrachtete die Stasi als „Schild und Schwert der Partei“, also als ihren Schutz und ihre Verteidigung.
Geheimdienst und Geheimpolizei
Die Stasi war der Geheimdienst der DDR und zuständig sowohl für das Inland (also die DDR) als auch für das Ausland. Als Geheimdienst (auch Nachrichtendienst genannt) sammelte sie Informationen zur Lage in der DDR, insbesondere zur Sicherheitspolitik. Sie versuchte also, jegliche Gegnerschaft ausfindig zu machen und zu verhindern.
Da die Stasi auch Mittel der Polizei anwendete, spricht man auch von Geheimpolizei. Sie schützte die Macht der Regierung. Jede rechtsstaatliche Kontrolle war außer Kraft gesetzt. Neben den hauptamtlichen, also den angestellten Mitarbeitern, gab es ein Netz von „inoffiziellen Mitarbeitern“ (IM). Diese ermittelten verdeckt, oft bespitzelten sie ihre engsten Verwandten und Freunde.
Unterdrückung der Bevölkerung
Die Bevölkerung wurde durch die Stasi überwacht und unterdrückt. Gegner des Systems sollten ausfindig gemacht werden, um sie dann zu verhaften. Post wurde geöffnet, Telefone abgehört. Die Stasi wandte sogar Mittel des Terrors, der Folter und der Zersetzung an.
Hauptverwaltung Aufklärung
Für das Ausland war die Abteilung „Hauptverwaltung Aufklärung“ (HVA) zuständig. Ihre Hauptaufgabe war Spionage, also die Beschaffung von geheimen Informationen. Dafür wurden auch Spione in die Bundesrepublik eingeschleust (z. B. Günter Guillaume).
Leiter, Zentrale und Gefängnis
Minister für Staatssicherheit und damit Leiter des Ministeriums wurde 1957 Erich Mielke. Er blieb bis zum November 1989 in diesem Amt. Die Zentrale des Ministeriums befand sich in Berlin-Lichtenberg an der Normannenstraße und umfasste fast 30 Häuser. Die zentrale Untersuchungshaftanstalt der Stasi befand sich in Berlin-Hohenschönhausen.
Mielke baute das Überwachungssystem der DDR flächendeckend aus. Hatte das Ministerium 1957 rund 14.000 hauptamtliche Mitarbeiter, waren es 1989 etwa 91.000 (plus etwa 173.000 inoffizielle Mitarbeiter, die „IM“). Selbst im Privaten konnte niemand vor Bespitzelung sicher sein. All dies geschah unter Mielkes Verantwortung.
Neben einer umfassenden Kontrolle – des gesamten Staatsapparates, der Polizisten und Soldaten oder der Betriebe – war es die Hauptaufgabe der Stasi im Inland, die Bürger der DDR zu überwachen.
Jegliche mögliche Gegnerschaft sollte ausfindig gemacht werden. Dazu wurden die Massenorganisationen überwacht und kontrolliert (also z. B. die FDJ oder der FDGB). Aber auch alle DDR-Bürger standen grundsätzlich unter Verdacht. Erschien etwas verdächtig oder wurde gemeldet, z. B. dass jemand eine Flucht plane, wurde sofort die Überwachung eingeleitet oder der Verdächtige gleich verhaftet. Bürgerrechte wurden missachtet.
Operative Personenkontrolle und Operativer Vorgang
Während in der Ära Ulbricht offen gegen Gegner vorgegangen wurde, setzte man in den 1970er Jahren auf Geheimhaltung. Terror wurde ersetzt durch die Methode der Zersetzung. War jemand verdächtig, wurde er zunächst beobachtet und überwacht. Jemand verfolgte die Person, seine Post wurde heimlich geöffnet, das Telefon wurde abgehört. Nach der „Operativen Personenkontrolle“ (OPK, jährlich ca. 9000 Mitte der achtziger Jahre) folgte bei hinreichendem Verdacht der „Operative Vorgang“ (OV, jährlich ca. 4500 Mitte der achtziger Jahre).
Zersetzung
Um vermeintliche oder tatsächliche politische Gegner zu bekämpfen, nutzte die Stasi vor allem eine Methode: die Zersetzung. Wie Zersetzung angewendet werden sollte, wurde 1976 in der „Richtlinie 1/76“ genau beschrieben.
Die Gegner sollten psychisch (seelisch) mürbe gemacht werden. Man versuchte sie zu manipulieren oder zu schädigen. Das Selbstvertrauen des „Gegners“ sollte untergraben werden, er sollte Angst und Verunsicherung spüren. Eine Bespitzelung konnte auch offen erfolgen, sodass sie auf jeden Fall bemerkt wurde – was den so Verfolgten noch mehr verunsicherte.
Ständige Enttäuschung und Angst sollte denjenigen so in eine Krise stürzen, dass er weder Zeit noch Motivation mehr haben sollte für staatsfeindliche Aktivitäten. Strafen in der Schule oder am Arbeitsplatz, der Ausschluss aus dem Sportverein oder zeitweise Verhaftung konnten auch dazu gehören.
Der Ruf der Person sollte geschädigt werden, indem Dinge verbreitet wurden, die derjenige lieber geheim gehalten hätte (Rufmord). Die Person sollte bloßgestellt werden. Sogar die Vergiftung von Lebensmitteln oder die Manipulation am Fahrzeug der Person konnten vorkommen. Oder die Stasi verschaffte sich Zugang zur Wohnung und hinterließ dort Gegenstände oder entfernte welche, was den so Verfolgten an der eigenen Wahrnehmung zweifeln ließ.
Bis in die persönlichsten Beziehungen zu Eltern, Kindern, dem Ehepartner, Geschwistern oder Freunden reichte der Arm der Stasi. Alle persönlichen Beziehungen konnten manipuliert werden, z. B. durch gefälschte Briefe oder Fotos (Intrigen).
Zersetzung gegen Gruppen
Zersetzung betraf nicht nur einzelne Personen, sondern konnte sich auch gegen ganze oppositionelle Gruppen richten. Hier sollte innerhalb der Gruppe Misstrauen sät werden, sodass sich die einzelnen Mitglieder gegenseitig verdächtigten. Oder es wurden mehreren Personen Arbeitsplätze zugewiesen, die dann so weit entfernt voneinander lagen, dass ein Kontakt erschwert wurde.
Bei Gruppen versuchte man zudem, Inoffizielle Mitarbeiter (IM, siehe dazu auch „Die Stasi“) einzuschleusen. Oder es wurde mit Absicht Zweifel an einzelnen Gruppenmitgliedern gesät, indem jemand Vorrechte gewährt wurden oder jemand in eine staatliche Stelle vorgeladen wurde.
Sozialistische Wirtschaftspolitik: Planwirtschaft und Verstaatlichung
Als sozialistischer Staat orientierte sich die DDR auch an einer sozialistischen Wirtschaftspolitik. Statt der Marktwirtschaft, wie sie in kapitalistischen Ländern wie der Bundesrepublik praktiziert wird, galt hier die Planwirtschaft: Vorher festgelegte Pläne sollen in einem bestimmten Zeitraum wie z. B. in 2 oder 5 Jahren, erfüllt werden.
Ein weiterer Grundsatz der sozialistischen Wirtschaft war die Verstaatlichung. Betriebe und Fabriken, aber auch Bauernhöfe, sollten nicht einem Einzelnen gehören, der daraus Profit schlägt, sondern der Gemeinschaft, dem Volk. So entstanden die „Volkseigenen Betriebe“ (VEB) und die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften (LPG).
Nach dem Krieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg lag die Wirtschaft, wie in der Bundesrepublik und in ganz Europa, auch in der DDR am Boden. Deshalb ging es zunächst darum, Aufbau zu betreiben. Die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und auch mit Konsumgütern musste zunächst einmal sichergestellt werden und sollte natürlich das Niveau von vor dem Krieg wieder erreichen. Viele Waren des täglichen Bedarfs waren lange Zeit rationiert, wurden also zugeteilt. Bis 1958 gehörten z. B. Butter, Fleisch und auch Schuhe zu diesen zugeteilten Waren.
Im Handel setzte man ebenfalls auf Verstaatlichung: 1948 wurde die „Handelsorganisation“, kurz HO (siehe: Einkaufen), gegründet. Neben diesem staatlichen Einzelhandelsunternehmen wurden auch Konsumgenossenschaften gefördert, die gemeinschaftlich vor allem Nahrungsmittel beschafften und verkauften, nämlich in den „Konsum“-Läden. Private Handelsunternehmen wurden durch hohe Steuern benachteiligt und verloren so immer mehr an Bedeutung.
Umschwung und Aufschwung unter Ulbricht
Unter dem Staatschef Walter Ulbricht erhielt die Wirtschaftspolitik ab 1963 einen Kurswechsel. Eingeführt wurde das „Neue Ökonomische System der Planung und Leitung“, kurz NÖSPL genannt. Betriebe erhielten mehr Eigenverantwortung und durften nach Gewinn streben.
Auch Leistungsanreize für die Arbeiter sollten die Wirtschaft ankurbeln. Das geschah auch: Die Wirtschaft verbesserte sich und unter den sozialistischen Ländern nahm die DDR bald eine herausragende Stellung ein. Trotz wirtschaftlicher Steigerung konnte die DDR einem Vergleich mit der Bundesrepublik aber nicht standhalten und auch die Versorgung der Bevölkerung z. B. mit Elektrogeräten blieb mangelhaft. Ein weiteres Problem war die Abwanderung der Bevölkerung, durch die wiederum qualifizierte Arbeitskräfte fehlten.
„Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik“ unter Honecker
Zudem fürchtete die Staatspartei SED um ihre Macht. So wurden unter dem neuen Staatschef Erich Honecker ab 1971 viele Reformen zurückgenommen. Mit der Lösung der Wirtschaftsprobleme sollten nun auch die Lebensbedingungen der Bevölkerung verbessert werden. Das „Glück des Volkes“ wurde zum obersten Grundsatz erhoben. Der höhere Lebensstandard sollte sich dann wieder positiv auf die Wirtschaftsleistung auswirken.
Zuschüsse fordern am Ende einen hohen Preis
Nach außen präsentierte sich die DDR als fortschrittliche Nation. Grundnahrungsmittel, Fahrkarten für Bahn und Bus, Kleidung oder der Friseurbesuch waren sehr billig, weil der Staat diese Waren und Dienstleistungen subventionierte: Er gab Geld dazu und hielt die Preise mit diesen Zuschüssen niedrig.
Dadurch aber fehlte im Staatshaushalt Geld. Auch steigende Rohstoffpreise und Sozialleistungen wie Wohnungsbau oder erhöhte Löhne und Renten forderten ihren Preis. Kredite aus dem Westen verhinderten Anfang der 80er Jahre einen Zusammenbruch der DDR-Wirtschaft.
Was lief schief?
Stabile Preise und Waren, die sich jeder leisten kann, sind doch nicht schlecht, oder? Doch die rigorose staatliche Lenkung hemmte die wirtschaftliche Leistung. Zudem waren „Luxusgüter“ auf der anderen Seite extrem teuer oder kaum zu bekommen. Die berühmten Bananen oder Orangen gab es fast nie zu kaufen und auf ein Telefon oder ein Auto musste man jahrelang warten.
In der DDR herrschte keine Reisefreiheit. Zwar durften DDR-Bürger Urlaub in einigen Ostblockländern machen (auf Antrag, ohne Pass und Visum nur in die Tschechoslowakei), hatten aber keine Möglichkeit in den Westen (ins „nichtsozialistische Ausland“) zu reisen.
Erst als Rentner und manchmal auf Antrag, z. B. bei einem Todesfall in der Familie, wurde ihnen ein Aufenthalt in der Bundesrepublik gestattet. Außerdem gab es „Reisekader“. Das waren z. B. Sportler, die nach gründlicher Prüfung zu Wettkämpfen auch in den Westen reisen durften.
Gründe
Warum wollten die Menschen fort aus der DDR? Die meisten hatten politische Gründe. Sie wollten nicht in einem Staat leben, der ihnen keine Freiheit ließ. Sie wollten ihre Meinung äußern dürfen und dahin reisen, wohin sie wollten. Sie wollten nicht beobachtet und bespitzelt werden. Manchmal war auch der Wunsch nach besseren Lebensverhältnissen der Grund, in den Westen ziehen zu wollen.
Ausreiseantrag
Die einzige Möglichkeit, die DDR auf rechtlichem Weg zu verlassen, war die, einen Ausreiseantrag zu stellen. Das aber zog nicht nur erhebliche Nachteile nach sich, sondern es konnte auch jahrelang bis zur Genehmigung dauern. Oder der Antrag wurde abgelehnt. So sahen viele Menschen nur die Möglichkeit der Flucht. In der Sprache der DDR galten sie als „Republikflüchtlinge“.
Flucht
Es gibt viele Geschichten von geglückter Flucht – wie auch von misslungener Flucht. An der Berliner Mauer und an der innerdeutschen Grenze verloren mehrere hundert Menschen ihr Leben bei dem Versuch, sie zu überwinden. Wer bei der Vorbereitung oder bei der Flucht selbst erwischt wurde, kam als politischer Gefangener in Haft. Dort wurden Foltermethoden angewandt, um Gefangene in die Knie zu zwingen.
Freikauf
Die einzige Hoffnung, die dort blieb, war, freigekauft zu werden. Denn die DDR benötigte Devisen (Westgeld), um ihre Wirtschaft am Laufen zu halten. Und sie war am Ende froh, wenn die missliebigen Personen das Land verließen, weil das schließlich den Widerstand im eigenen Land schwächte. Manchmal nutzte die DDR aber auch einen solchen Freikauf noch, um Druck zu machen, z. B. indem Kinder nicht gleich mit den Eltern ausreisen durften. Die Eltern mussten dann entscheiden, ob sie dem Stasi-Beamten glaubten, dass ihre Kinder später ebenfalls ausreisen durften oder ob sie blieben.
Die Möglichkeit, legal in den Westen zu reisen, erhielten zum einen Rentner mit 65 Jahren und zum anderen die so genannten Reisekader.
Rentner
Ab 1964 galt die Besuchsregelung für Rentner. Für vier Wochen im Jahr durften sie in die Bundesrepublik reisen. Blieb ein Rentner dann doch in der Bundesrepublik, erhielt er dort eine Rente, denn der Anspruch darauf galt im Sinne des Grundgesetzes für alle Deutsche und somit auch für DDR-Bürger. Der DDR war das letztendlich gar nicht so unrecht, denn so sparte sie die Rentenzahlung und verringerte ihre eigene wirtschaftliche Belastung.
Reisekader
Außerdem gab es so genannte Reisekader. Das waren Personen, die als „zuverlässig“ im politisch-ideologischen Sinne der DDR angesehen wurden und bei denen man davon ausging, dass sie auf jeden Fall in die DDR zurückkehren würden. Sie durften auch möglichst keine Verwandtschaft in der Bundesrepublik haben.
Die Erlaubnis, in den Westen reisen zu dürfen, gehörte zu den höchsten Privilegien (Vorrechten) in der DDR. Die Stasi erhielt auf diesem Weg zudem viele Informationen aus dem Westen und hatte ihrerseits also auch Vorteile durch die Reisekader.
Zu den Reisekadern gehörten Personen aus dem Staats- und Parteiapparat, aber auch Sportler, die zu internationalen Wettkämpfen fahren durften. Es gab Wissenschaftler, die zu Fachkongressen ausreisen durften und ausgewählte Facharbeiter, die im Westen z. B. als Ingenieur arbeiteten. Sie alle erhielten einen DDR-Reisepass.
Auch unter den Reisekadern gab es dennoch immer wieder Menschen, die die Gelegenheit nutzten und im Westen blieben. Zu ihnen gehörte z. B. der Fußballspieler Lutz Eigendorf, der sich 1979 in die Bundesrepublik absetzte.
Leben in der DDR
An Imbiss-Ständen in Ost und West gleichermaßen beliebt waren die Currywurst und die Bockwurst. Nur in der DDR aber gab es Broiler, Ketwurst, Grilletta oder Krusta.
Der Siegeszug des Broilers
Broiler kennst du vielleicht, denn er wird auch heute noch verkauft. So nannte man in der DDR ein Brathähnchen. Und das trat Anfang der 1960er Jahre seinen Siegeszug an. Das kam so: Das gegrillte Huhn hatte ab 1955 die Münder der Westdeutschen erobert, als dort die Wienerwald-Gaststätten (siehe: Samstag bleibt die Küche kalt) eröffneten. Möglich war das geworden, nachdem in den USA ein Huhn gezüchtet worden war, das nach nur 56 Tagen Mast fertig zum Grillen war.
Die Erfolgsgeschichte des Wienerwalds blieb auch in der DDR nicht unbemerkt. Zudem sah man im Geflügel nun die Chance, die Versorgung der Bevölkerung mit Fleisch endlich zu verbessern. Die war nämlich nach wie vor sehr dürftig und vor Fleischereien bildeten sich immer lange Schlangen. Nur wer Glück hatte, erhielt nach zwei Stunden Anstehen noch ein Schnitzel…
Die Idee darum: Industrielle Hühnerzucht! In Kürze baute man in Königs Wusterhausen bei Berlin 1967 den ersten Betrieb des Kombinats Industrielle Mast, kurz: KIM. Die Abkürzung funktionierte man gleich auch zum Werbeslogan um, nämlich zu „Köstlich – Immer Marktfrisch“. Insgesamt wurden schließlich 22 hochmoderne Mastbetriebe errichtet.
Wie sollte man das Huhn nun aber nennen? Man hielt sich einfach an das amerikanische Vorbild, wo das neue Masthuhn schließlich herkam. To broil bedeutet eben „ein Huhn grillen“, also ist das dafür vorgesehene Huhn eben ein Broiler. Die besonders guten, saftigen und kross gebratenen Hühner nannte man „Goldbroiler“.
Hühner und Eier gab es nun in Hülle und Fülle. Wie aber kam der Broiler nun in den Magen der DDR-Bürger? Die Broiler-Gaststätte musste her. Man schickte Kundschafter in den Westen und schließlich wurden im November 1967 die ersten drei Goldbroilerbars in Ost-Berlin eröffnet. Die Einrichtung war genauso speziell wie die Kleidung der Kellnerinnen, die die goldenen Vögelchen im Pepita-Dirndl servierten. Und das Konzept kam an: Der Broiler wurde zur Erfolgsgeschichte.
Ketwurst, Grilletta und Krusta
Neu aufgemischt wurde der Imbissmarkt in den 1980er Jahren. In der Bundesrepublik war inzwischen amerikanisches Fast Food zum Renner geworden. Dem wollte man in der DDR nicht nachstehen, aber englische Namen waren verpönt (obwohl auch der Broiler ja aus dem Englischen eingedeutscht worden war). Jedenfalls wurde der Hot Dog kurzerhand zur Ketwurst (aus Ketchup und Wurst) und der Hamburger zur Grilletta oder Grillette. Auch die ostdeutsche Pizza-Variante erhielt eine neuen Namen: Krusta.
Ein bisschen unterschieden sich diese Produkte schon von ihren westlichen Pendants. Die Wurst der Ketwurst war dicker als beim Hot Dog. Man erhielt die Grillette im Brötchen mit Kruste. Mangelte es an Ketchup, wurde einfach ein Chutney aus Tomaten gekocht und darüber gegeben. Und die Krusta war immer viereckig und hatte einen dunkleren Teig als die italienische Variante. Der Belag bestand z. B. aus Hühnerfleisch oder Sauerkraut mit Hackfleisch. Erhältlich waren diese Produkte allerdings nicht in der ganzen DDR, sondern überwiegend nur in Ost-Berlin.
„Sie werden platziert!“
Natürlich gab es nicht nur Imbisse, sondern auch Restaurants in der DDR. Eine Besonderheit war, dass man sich nicht einfach hinsetzen durfte, wo man wollte, sondern immer am Eingang warten musste, bis man „platziert“ wurde. Dabei kam es immer wieder vor, dass man keinen Platz erhielt, obwohl es offensichtlich noch freie Tische gab. Köche und Kellner waren am Umsatz kaum beteiligt und sahen die Gäste mehr als Bittsteller. Von Service keine Spur.
Auf der Speisekarte sah man häufig das Wort „Sättigungsbeilage“. War nämlich beim Druck der Karte noch nicht klar, ob Reis, Nudeln oder Kartoffeln zur Verfügung stehen würden, schrieb man dort eben einfach „Sättigungsbeilage“ hin. Übrigens: Pommes frites gab es irgendwann auch in der DDR, jedoch nicht am Imbiss, sondern nur in gehobenen Restaurants!
Während die Westdeutschen ihr Traumland Italien entdeckten und nach und nach in die ganze Welt aufbrachen, blieben den DDR-Bürgern viele Reiseziele verwehrt. Ins kapitalistische Ausland durften sie nicht fahren. Entweder blieb man also im eigenen Land und fuhr z. B. an die Ostsee oder man wählte ein sozialistisches Land als Urlaubsziel aus.
Spontan nur in die Tschechoslowakei
Ohne vorherigen Antrag und somit spontan kam man jedoch auch da seit einem Abkommen 1972 nur in die Tschechoslowakei oder nach Polen. Für Polen wurde der visafreie Reiseverkehr 1980 wieder aufgehoben, nachdem dort die Gewerkschaft Solidarnosc erstarkt war.
Reiseanlage
Für alle anderen Länder wurde eine „Reiseanlage für den visafreien Reiseverkehr“ benötigt, die man dann zusätzlich zum Personalausweis mitzuführen hatte. Sie musste man mindestens zwei Wochen vor Reisebeginn bei der Meldestelle der Volkspolizei beantragen. Reisen nach Bulgarien, Ungarn oder Rumänien wurden meistens ohne Probleme genehmigt. Eine Garantie gab es darauf aber nicht.
In die Sowjetunion bitte nicht privat
Fahrten in die Sowjetunion als Urlaubsreisen für Einzelne waren unerwünscht. Dorthin kam man nur mit einer organisierten Reise über ein Reisebüro oder mit einer von den sowjetischen Behörden beglaubigten Einladung eines Gastgebers. Wer privat reisen wollte, musste eine vorgeplante Route in vorgebuchten Hotels nachweisen.
Urlaub im eigenen Land
Wer sich für einen Urlaub in der DDR entschloss, fuhr gerne an die Ostsee, z. B. nach Rügen, auf den Darß oder nach Usedom, aber auch in die Sächsische Schweiz oder den Thüringer Wald. Streng verboten war es übrigens, die Ostsee mit einem Boot zu befahren – denn das konnte schon als versuchte Republikflucht ausgelegt werden. Viele Urlaubsreisen wurden über die Betriebe organisiert, denn die meisten Betriebe der DDR verfügten über eigene Ferienheime.
Auch der FDGB besaß eine Vielzahl an Ferienheimen. Einen Platz bekamen bevorzugt die, die sich als gute Sozialisten erwiesen hatten. Das galt auch für die ebenfalls vom FDGB vergebenen Plätze auf den Kreuzfahrtschiffen „Völkerfreundschaft“, „Fritz Heckert“ und „Arkona“, letzteres wurde das „Traumschiff für Arbeiter und Bauern“ genannt. Außerdem gab es auch staatliche Campingplätze. Wem all das zu teuer war, der machte Urlaub zu Hause, bevorzugt in seiner Datsche (Gartenhäuschen).
Das Lesen von Zeitungen und Zeitschriften gehörte für viele DDR-Bürger natürlich zur Beschäftigung in der Freizeit. Was gab es zu lesen?
Tageszeitungen
Die wichtigsten Tageszeitungen waren das Neue Deutschland und die Junge Welt. Beide waren Zentralorgane, das heißt Verbandszeitschriften. Das Neue Deutschland (ND) war seit 1946 die Parteizeitung der SED, die Junge Welt die Zeitung der FDJ. Somit transportierten diese Zeitungen sozialistische Inhalte und unterlagen der Zensur. Gedruckt wurde nur, was von oben abgesegnet war.
Das ND war das wichtigste Propaganda-Instrument der SED. Denn die hohe Auflage von zuletzt 1 Million und die Verbreitung im ganzen Land sorgten schon zu Zeiten, in denen nur wenige Haushalte einen Fernseher besaßen, dafür, dass staatlich gewollte Sichtweisen unter das Volk gebracht wurden. Die Staatspartei konnte so die Meinung der Menschen manipulieren und beeinflussen.
Das galt auch für die Junge Welt, die mit zuletzt 1,6 Millionen sogar eine höhere Auflage hatte als das ND. Im Gegensatz zu mancher Zeitschrift waren ND und Junge Welt immer zu kaufen und nicht nach kürzester Zeit vergriffen.
Insgesamt gab es 39, zeitweise 40, Tageszeitungen in der DDR. Alle Unterlagen der staatlichen Kontrolle. So gab jede der Blockparteien und die drei großen Massenorganisationen (FDJ, FDGB, DTSB) jeweils eine Zeitung heraus, außerdem gab es Regionalzeitungen in den Bezirken.
Illustrierte
Die Neue Berliner Zeitung (NBI) war eine in der DDR beliebte Zeitschrift, die wöchentlich herauskam. Sie enthielt neben politischen Berichten auch Informationen über ferne Länder, Fortsetzungsromane, Heimwerkertipps, Gesundheitsratgeber, eine Rätselseite und eine Kinderseite mit dem Affen NUK. So erreichte sie ein breites Publikum. Trotz einer Auflage von 726.000 Exemplaren war sie häufig schnell vergriffen.
In der freien Welt wurde vor allem aus dem sozialistischen Ausland berichtet. Sie erschien ab 1954 alle zwei Wochen. Es gab darin auch Comics, vor allem von sowjetischen Zeichnern, und Vorabdrucke von sowjetischer Literatur in Fortsetzungen.
Zeitschriften für Kinder und Jugendliche
Für Kinder und Jugendliche gab es Zeitschriften wie FRÖSI und Trommel. FRÖSI war die Abkürzung für „Fröhlich sein und singen“, erschien einmal monatlich und richtete sich an Kinder ab 6 Jahren. Vor allem ab Mitte der 1970er Jahre standen kommunistische Arbeiterführer oder Helden beim Aufbau der sozialistischen Gesellschaft im Mittelpunkt. Die Trommel erschien viermal im Monat und war ebenfalls ideologisch ausgerichtet. Ihre Zielgruppe waren etwas ältere Schüler.
Frauenzeitschriften
Auch für Frauen gab es spezielle Zeitschriften. Obwohl in ihnen auch Mode gezeigt wurde, vermied man möglichst, ein traditionelles Frauenbild zu zeigen. Auch die Mode war für die werktätige Frau gedacht. Die Sibylle erschien nur sechs Mal im Jahr und war immer schnell vergriffen. Wöchentlich erschien Für Dich und war für 60 Pfennig zu haben. Themen waren hier mehr Politik und Arbeit als Mode und Kosmetik.
Der Sport wurde in der DDR besonders hoch schätzt. Das galt für die Bevölkerung genauso wie für die Regierenden. So wurde der Breitensport auch von Staatsseite besonders gefördert, während in der Bundesrepublik der Vereinssport vorherrschte.
Talente für den Leistungssport wurden intensiv gesucht und dann ebenso konsequent gefördert. So erreichte die DDR bei internationalen Wettkämpfen Spitzenleistungen. Bei Weltmeisterschaften oder Olympischen Spielen heimste sie regelmäßig eine Vielzahl an Medaillen ein. Damit wuchs auch ihr internationales Ansehen.
Breitensport
Ulbricht hatte schon 1959 die Losung ausgegeben: „Jedermann an jedem Ort – einmal in der Woche Sport“, später abgeändert zu „mehrmals in der Woche Sport“! Sport wurde für jedes Lebensalter gefördert. Das begann in Kindergärten und Schulen und wurde in Betrieben weitergeführt. Es gab zahllose Sportgemeinschaften, in denen kostenlos oder für wenig Geld Sport betrieben werden konnte, so auch in den Betriebssportgemeinschaften (BSG) und Schulsportgemeinschaften (SSG).
Deutscher Turn- und Sportbund (DTSB)
Der Deutsche Turn- und Sportbund war eine der Massenorganisationen der DDR. Unter seinem Dach entstanden die Sportverbände für die verschiedenen Sportarten, so z. B. auch der Deutsche Fußball-Verband. 3,7 Millionen Menschen und somit mehr als 20 Prozent der Bevölkerung gehörten dem DTSB im Jahre 1989 an. Besonders beliebt waren Fußball, Turnen, Leichtathletik, Handball, Volleyball und Tischtennis.
Wettkämpfe
Sportliche Wettkämpfe wurden in den Schulen, Kreisen, Bezirken und landesweit zahlreich ausgetragen. Sie sollten den Anreiz zum Sport fördern, dienten aber auch dazu, neue Sporttalente zu finden. Das galt auch für die Kinder- und Jugendspartakiaden, die ab 1966 regelmäßig stattfanden. Später kamen für Kindergartenkinder die Bummispartakiaden dazu. An den Kreisspartakiaden 1983 nahmen 997.000 Kinder und Jugendliche im Sommersport und 30.600 im Wintersport teil. Die arbeitende Bevölkerung maß sich bei Betriebs- und Kreissportfesten.
Leistungssport
Auf Wettkämpfen, aber auch in Schulen und sogar Kindergärten wurde gezielt nach neuen Talenten gesucht. Für jedes Kind sollte die Sportart gefunden werden, in der es die besten Leistungen erbringen könnte. Als Leistungszentren waren ab 1954 Sportclubs gegründet worden. So trennte man den Breiten- vom Leistungssport. 1969 beschloss das Politbüro der SED, bestimmte Sportarten besonders zu fördern, andere wie Basketball oder Hockey wurden aus der Förderung herausgenommen (das war der „Leistungssportbeschluss“).
Sportlich besonders talentierte Schüler kamen nach einem Sichtungs- und Eignungstest auf eine Kinder- und Jugendsportschule. Ab den 1970er Jahren wurden viele dieser Schulen als Internate geführt. 1989 gab es 25 dieser Schulen.
Die DDR-Sportler stellten zahlreiche Rekorde auf und gewannen regelmäßig viele Medaillen bei Weltmeisterschaften oder den Olympische Spielen. Insbesondere beim Schwimmen, in den Wintersportarten, im Radsport, in der Leichtathletik und beim Gewichtheben waren sie sehr erfolgreich.
Doping
Dass die hervorragenden Leistungen der DDR-Sportler nicht nur auf die gute sportliche Förderung, sondern auch auf verbotene, leistungssteigernde Mittel zurückzuführen waren, stellte sich nach der Wende 1990 heraus. Teilweise ohne ihr Wissen wurden DDR-Sportler von ihren Ärzten und Trainern gedopt. Die Anordnung dazu war von ganz oben abgesegnet (Beschluss des ZK der SED 1974).
Besonders häufig kam „Oral-Turinambol“ zum Einsatz, teilweise wurde es schon 13-Jährigen gegeben. Das Medikament bewirkt eine Gewichtzunahme und Leistungssteigerung, hat aber gefährliche Nebenwirkungen und der Einsatz ist natürlich verboten.
Sport und Politik
Der Sport wurde in der DDR auch deshalb so gefördert, weil man auf diese Weise die Überlegenheit des Sozialismus beweisen wollte. Auch das internationale Ansehen stieg mit den Erfolgen der DDR. Ein wichtiger Erfolg aus DDR-Sicht war darum auch, als 1972 bei den Olympischen Spielen zum ersten Mal die eigene Nationalhymne gesungen wurde und die eigene Flagge zu sehen war.
Immer wieder kam es vor, dass DDR-Sportler sich bei Wettkämpfen im Westen von ihrer Gruppe absetzten und dort blieben. Obwohl man nur verlässliche Reisekader mitnahm, nutzte zwischen 1952 und 1989 immerhin 615 Sportler diese Gelegenheit zur Flucht.
Die Frau in der DDR war fast immer berufstätig. Das war ganz anders als in der Bundesrepublik, wo noch lange das Bild der Hausfrau und Mutter beworben wurde. Weil sie auch nach der Geburt der Kinder weiter arbeiten wollte und sollte, sorgte der Staat für ein umfassendes Netz in der Kinderbetreuung. Man hoffte so auch, schon möglichst früh gezielt Einfluss auf die Erziehung der Kleinen zu „sozialistischen Persönlichkeiten“ Einfluss nehmen zu können.
So besuchten also die meisten Kinder zunächst eine Krippe, dann den Kindergarten und als Schulkind einen Hort, in dem sie am Nachmittag betreut wurden. Wie das Leben ihrer Eltern war auch das der Kinder geprägt von Organisation. Die große Mehrheit der Kinder wurde Junger Pionier und trat später der FDJ bei. Viele betätigten sich in Sportgruppen.
In großen Teilen festgelegt war auch der weitere Lebensweg. Nach der Schule begann man eine Lehre oder ein Studium, wenn man dafür zugelassen wurde. Jugendliches Ausprobieren war nicht vorgesehen. Nach der Ausbildung begann die Pflicht zur Arbeit.
Ein Kind wird geboren – wie soll es heißen?
Die meisten Babys der DDR wurden wie im Westen im Krankenhaus geboren. In den 1960er Jahren wurden Mädchen häufig Kathrin, Petra und Sabine genannt, Jungen hießen Frank, Uwe oder Andreas. Die beliebtesten Namen unterschieden sich nur wenig von denen in Westdeutschland.
Seit den 1970ern änderte sich etwas: In der DDR kamen zunehmend ausländische Namen dazu: Mandy, Nadine, Jana und Doreen finden sich unter den zehn beliebtesten Mädchennamen. Bei den Jungen waren es Mike, René, Mario, Marco und Marcel.
Freizeit
Trotz aller Durch-Organisation blieb natürlich auch noch Freizeit. Was taten die DDR-Kinder dann? Sie spielten viel draußen, so wie Kinder des Westens in den 1960er und 1970er Jahre auch. Sie trafen sich mit ihren Freunden. Sie lasen Bücher und guckten Fernsehen. Sie gingen im Sommer ins Freibad. Besaßen die Eltern eine Datsche, verbrachten sie die Wochenenden mit der Familie dort im Garten.
Anmerkungen und Quellen
NDR – Zwischen Zwang und Hoffnung: Die Gründung der SED
Lehrer online – Die Geschichte der SED
junge Welt, Neues Deutschland,